Arbeiten zum Körperbild bei Essstörungen.

In den 2007 ausgezeichneten Arbeiten bin ich in verschiedenen Arbeitsgruppen unter Verwendung multipler Forschungsmethoden sowohl grundlagen- als auch anwendungsorientierten Aspekten der Körperbildstörungen bei Anorexia und Bulimia Nervosa nachgegangen. Hierbei haben wir beispielsweise die Forschung zum statischen Körperbild bei Bulimia Nervosa um die bisher nicht berücksichtigte Facette der mentalen Repräsentation des eigenen Bewegungsverhaltens ergänzt. Weitere Laborstudien beleuchteten die emotionalen, kognitiven und peripherphysiologischen Reaktionen von Patientinnen mit Essstörungen auf die Betrachtung des eigenen Körpers im Spiegel. Ergänzt wurden diese Fragestellungen durch Untersuchungen zur Validierung von Fragebögen zur Messung dysfunktionaler essstörungsspezifischer Verhaltensweisen, z. B. dem „Body Checking Questionnaire“. In experimentellen Arbeiten fokussierten wir darüber hinaus die Beeinflussbarkeit des State-Körperbildes durch essstörungsspezifische Verhaltensweisen. Hierbei haben wir die unmittelbaren Effekte des Konsums hochkalorischer Nahrungsmittel und einer Ausdauersporteinheit auf Körperbild und die Stimmung fokussiert und in Zusammenhang gebracht mit situationsübergreifenden Facetten des Körperbildes. In einer weiteren Studie, die ebenfalls dem Bereich der Risikogruppenforschung zuzurechnen ist, haben wir transsexuelle Menschen mit Personen mit kongruenter Geschlechtsidentität beiderlei Geschlechts hinsichtlich ihrer Ausprägung einer Ess- und Körperbildstörungssymptomatik verglichen.

Unter Berücksichtigung des derzeitigen Forschungsstandes sowie auf der Basis dieser grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse haben wir ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches Therapiemanual zur Behandlung von Körperbildstörungen entwickelt, welches unter Verwendung verschiedener Untersuchungsparadigmen hinsichtlich seiner Wirksamkeit an Patientinnen mit Anorexia und Bulimia Nervosa sowie Binge Eating Störung überprüft wurde.

Weitere von uns verfolgte Fragestellungen entstammen dem Bereich der Psychotherapie-Prozessforschung. So beleuchteten wir die emotionalen, kognitiven und physiologischen Prozesse im Verlaufe einer Körperkonfrontationssitzung an Frauen mit Essstörungen, um Hinweise auf die Wirkmechanismen dieser therapeutischen Technik zu gewinnen. Da deutliche interindividuelle Unterschiede hinsichtlich des Outcomes der Körperkonfrontation bei Essstörungen existieren, sind wir des Weiteren dem Einfluss von körperbezogenem Vermeidungs- und Kontrollverhalten auf das Ausmaß der Reduktion von negativen Emotionen im Verlaufe einer Konfrontationssitzung nachgegangen. In einer weiteren dem Bereich der Psychotherapie-Prozessforschung zuzurechnenden Untersuchung sind wir der Relevanz der Therapeutenvariable „Figur“ in der Behandlung der Anorexia und Bulimia Nervosa nachgegangen.

Auf der Basis dieser Arbeiten haben wir nach 2007 weitere Forschungsprojekte zum Thema Körperbild bei Essstörungen durchgeführt, wie beispielsweise Studien mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie zur visuellen Verarbeitung von Körperstimuli. Hier untersuchten wir zum Einen Unterschiede in den neuronalen Korrelaten der Betrachtung von Fotografien des eigenen und eines fremden Körpers zwischen Frauen mit Anorexia Nervosa, Bulimia Nervosa und gesunden Frauen. Zum Anderen haben wir in einer randomisiert-kontrollierten Studie die Effekte einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Intervention auf die Hirnaktivierung bei der Betrachtung dieser Fotografien im Kernspintomographen beleuchtet.

Ein weiterer diesem Gebiet zuzurechnender Forschungsstrang beinhaltet Studien mittels der Methode der Blickbewegungsmessung. Hier untersuchen wir beispielsweise in aktuell laufenden Projekten den zeitlichen Verlauf der Aufmerksamkeitslenkung bei der Betrachtung des eigenen und eines fremden Körpers sowie die Zusammenhänge zwischen Mutter und Tochter im Blickbewegungsverhalten bezogen auf den eigenen Körper und den Körper der Tochter bei Mädchen mit Anorexia Nervosa und gesunden Kontrollpersonen (gefördert durch das Mercur-Programm der Stiftung Mercator und die Schweizerische Anorexia Nervosa Stiftung).

Ebenfalls im Essstörungsbereich anzusiedeln ist eine randomisiert-kontrollierte Studie zur Überprüfung des Effektes eines Online-Programms („ESS-KIMO“) zur Steigerung der Änderungsmotivation bei Frauen mit Symptomen einer Essstörung (gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Heinrich-Hertz-Stiftung).

Prof. Silja Vocks